Bordercontrol

Wenn einer eine Reise tut…

Ich bin definitiv mit meinem Wesen nicht auf der Seite von Struktur und Ordnung zu verorten. Damit komme ich im Alltag ganz gut zurecht. nicht zuletzt weil ich um meine Stärken und Schwächen ziemlich genau bescheid weiß. Wohl eher über meine Schwächen. Den Begriff Schwächen verwende ich, nicht etwa weil ich selbst diese Eigenschaften als Schwächen begreife, sondern weil sie Gesellschaftlich normativ als solche wahrgenommen werden. Bei meiner Vorliebe für die Seite des kreativen Chaos steht weniger eine Fähigkeit oder Unfähigkeit im Vordergrund als viel mehr der Fakt, dass mein Wille darauf ausgerichtet ist in diesem Bereich Fähigkeiten und Fertigkeiten zu lernen.

Dass ich Ereignissen, die weiter entfernt in meiner Zukunft liegen nicht so viel Aufmerksamkeit schenke, hilft nicht unbedingt weiter wenn man es mit der Amerikanischen Einreisebehörde zu tun hat.

Die Odyssee ging dabei schon in Frankfurt am Flughafen los. Dort musste ich feststellen, dass es längst nicht mehr üblich ist mit Menschen zu sprechen um das Gepäck aufzugeben und den Boardingpass zu bekommen. Paul und ich mussten uns erstmal durchfragen, wo wir denn jetzt mit jemandem sprechen könnten, denn die moderne Technikt kann nicht damit umgehen, dass ich einen zweiten Vornamen habe, also konnte ich das Menschenlose Check-in gar nicht wahrnehmen, selbst wenn ich es gewollt hätte.

Für meine Reise habe ich Hin- und Rückflug nach und von den USA gebucht. In Summe werde ich nicht mehr als zehn Tage dort verbringen. von den Transferflügen hatte ich bisher nur den nach Haiti gebucht, auch um offen zu sein für Ereignisse die sich entlang des Weges ergeben. Meine Reise nach Haiti wollte ich den Behörden in Amerika nicht offen legen.

In Frankfurt wies mich dann die Dame am Schalter darauf hin, dass meine Aufenthaltsgenehmigung nicht lange genug gültig sei.

„Sie müssen jetzt sofort einen früheren Rückflug buchen.“

Um der Dame zu erklären, dass ich gar nicht vor habe die Zeit in Amerika zu verbringen, musste ich ihr ein früheres Ausreiseticket aus den USA vorlegen, damit sie mir überhaupt mein Ticket aushändigt. Wer aufgepasst hat merkt, dass damit auch der Grundstein für eine komplizierte Einreise in die USA gelegt war.

Da wir in Haiti journalistisch tätig sein werden und uns die Mühe bei der Einreise ersparen wollten habe ich angegeben touristische Gründe für meine Reise zu haben.

Nun gut. Der Flug war entspannt und erst in der letzten Stunde ist mir dann wieder eingefallen, dass ich jetzt wo die Dame meine Haitireise ins System eingetragen habe wohl erklären müsste, warum ich denn bitte in ein Krisengebiet reise; als „tourist“. Es war ja noch lange nicht gesagt, dass ich auch wirklich einreisen darf.

Das letzte Wort zur Einreise in die USA hat der bordercontrol officer am Flughafen Miami.

Nach zehn Stunden Flug – der bis weit in den Abend deutscher Zeitrechnung reichte und ich an der Schwelle zum Krank werden stand – waren meine geistigen Kapazitäten stark reduziert. Paul und ich hatten uns für die Einreise extra voneinander entfernt und angegeben allein zu reisen, damit keiner von uns durch den anderen in Mitleidenschaft gezogen würde.

Paul war schon durch bis ich an den Schalter trat. Der Mann am Schalter war nett und hat mir nur wenige Fragen gestellt, wollte nicht einmal meine Einreiseerlaubnis sehen und hat einen kleinen Zettel ausgefüllt und auf meinen Pass geklebt. Für einen Moment dachte ich damit sei alles erledigt und ich bin erfolgreich engereist.

Als ich gerade meinen Pass wieder von dem Tresen nehmen wollte kam mir ein Officer zuvor und der Mann am Schalter sagte mir, ich müsse dem Officer folgen und dort würde ich dann meinen Pass wieder bekommen. Sofort habe ich begriffen, dass es für mich jetzt noch genaueres zu erklären gäbe, wobei sich für mich auch nicht erschloss an welchem Punkt meines Gesprächs der Mann am Schalter beschloss, dass das notwendig sei.

Ich wurde zusammen mit zwei anderen in einen separaten Raum geführt, der hinter zwei gesicherten Türen lag und den man nur mit dem richtigen Zahlencode wieder verlassen konnte. Mehrere Sitzreihen standen dort hintereinander und waren auf eine vergilbte Wand mit einem Bildschirm auf welchem der Sender 7news lief ausgerichtet. In deren Rücken befanden sich vier Schalter, an denen jeweils ein Officer der Bordercontrol saß. Ich bekam meinen Pass wieder und sollte warten bis ich aufgerufen würde.

Als ich aufgerufen wurde musste ich allerhand fragen beantworten.

Wann fliegen sie zurück? – Sind sie in Deutschland angestellt? – Können sie regelmäßiges Einkommen nachweisen? – Können sie mir ihren Flug nach nach Mexico zeigen? – Haben sie eine Hotelbuchung, die sie mir zeigen können?

Wie gesagt von Haiti wollte ich am liebsten nicht sprechen, also vermied ich es zunächst.

Dass ich als selbständiger Künstler auf Rechnung arbeite und das auch erst seit diesem Jahr, dass ich keine Visitenkarte oder Website hatte machte die Sache nicht einfacher. Die Antwort „Nein ich habe nur unregelmäßiges Einkommen“ hat meinen Status auch nicht verbessert. Dass ich das Ticket nach Mexico noch nicht gebucht und auch keine Hotelreservierung habe, weil ich mich vor Ort erstmal umsehen will half dem Officer auch nicht weiter.

„You’re really not helping your case here. How can I be sure that you’re not here to stay?“

Nachdem ich dem Officer mein Onlinebanking offengelegt hatte sollte ich wieder Platz nehmen und ein zweiter Officer wurde eingeschaltet. In dieser Zeit realisierte ich, dass einerseits die Bordercontrol von meiner Haiti Reise keine Ahnung hatte, andererseits ich nicht darum herum kommen würde das offen zu legen. Beim zweiten mal fragte mich mein Officer geradeheraus ob ich einen Auftrag für eine Skulptur hier in Amerika bekommen hätte. nachdem ich auch das verneint habe stellte mir sein Kollege die Frage ob ich denn einen Transferflug bereits gebucht habe und wo ich denn bleiben wolle in Amerika.

Daraufhin entspannte sich die Lage denn dann konnte ich meinen Flug nach Haiti vorweisen und dem Officer erklären, dass ich die Absicht habe das Magnolia Zen Center hier in Florida zu besuchen, dessen Mönch ich bereits zweimal in Deutschland getroffen habe. Nachdem ich mich damit entschuldigte, dass ich auf meiner Reise nach Haiti nur einen Journalisten begleite und einfach aus Interesse dort sein werde, musste ich erneut abwarten bis die beiden sich besprochen hatten und alle Daten in ihren Computer tippten.

Dass ich zum Magnolia Zen Center möchte hätte der Officer auch von Anfang an meiner bewilligten Einreisegenehmigung entnehmen können, die bis zu diesem Zeitpunkt keiner in Miami überhaupt sehen wollte.

Beim dritten mal bekam ich meinen Pass dann endültig wieder und ich hatte von dem Officer die Einreisegenehmigung unter der Voraussetzung dass mein Gepäck noch einmal vollständig gesichtet und von den Officern die mich dann vor den Türen des Quarantäneraums erwarteten kontrolliert wird.

Als ich denen von der Gepäckabteilung dann nochmal beantworten sollte wo ich denn als nächstes hinfliege, wurde ich etwas ungehalten und habe darauf verwiesen, dass ich das alles bereits erklärt hätte und wirklich müde bin. Das gepäck wurde dann einfach noch einmal durchleuchtet und damit war ich erfolgreich nach Amerika eingereist.

Mein vorhaben nicht mehr zu rauchen hatte sich für die Zeit in Miami damit aber auch erledigt. 😉

Gute Nacht!

 

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