Affäre Lüders

Einige Tage sind vergangen und die längste Zeit in Haiti liegt bereits hinter uns. Es ist einer dieser Tage an denen nichts so richtig gelingen mag. Ich werde von kleinigkeiten aufgehalten und abgelenkt wie es schon lang nicht mehr der Fall gewesen ist. Nun diese Tage gibt es und es hilft auch nicht sie zu etwas anderem machen zu wollen. In Wirklichkeit gelingt am Ende doch mehr als der eigene Verstand einen glauben machen will. Heute nacht hat zum ersten mal unsere Klimaanlage nicht funktioniert und so bin ich tatsächlich nochmal mehr in den Verhältnissen hier angekommen. Ein großteil der Menschen hier hat wahrscheinlich kein Air-conditioning. Es ist für karibische Verhältnisse nicht besonders heiß, aber die Luftfeuchtigkeit macht sich deutlich bemerkbar und in der Sonne mag man sich ungern bewegen.

Gestern habe ich meinen ersten Artikel zum Thema Haiti abgeschlossen und warte darauf, dass sich jemand dafür interessiert.

Heute habe ich mich mit deutschen Interventionen und Handelsmonopolen in Haiti auseinandergesetzt und ich muss mich wirklich schämen, ob der Arroganz die unsere Vorfahren hier an den Tag gelegt haben. In den 1850er Jahren haben deutsche Händler ungefähr 80% des Haitianischen Außenhandels bestimmt und sich ganz halblegal an dem Land Bereichert. Die „Affäre Lüders„(Übersetzung lohnt sich) hat die damalige Regierung von 1897 und ganze Generationen von Haitianern zutiefst gedemütigt. Nachdem der Händler Emil Lüders sich den Aufstand gegen Polizisten der Hauptstadt Por-au-Prince leistete und zu gewalt griff wurde er  dafür, gemeinsam mit einem von den behörden bereits länger gesuchten Haitiainer, zu einem Jahr Haft verurteilt. Nach wenigen Tagen und einigen internationalen Bemühungen kam er wieder frei und die Sache hätte erledigt sein können.

Zwei Monate später landeten allerdings 2 Militärschiffe der Kaiserlichen Marine in Port-au-Prince und stellten dreisteste Forderungen an den Haitianischen Präsidenten. Sie forderten:

  • 20.000 US Dollar Entschädigung und die Entlassung der verantwortlichen Richter und Polizisten.
  • eine öffentliche und schriftliche Entschuldigung inklusive 21 Salut-Schüssen für die deutsche Flagge.
  • Die Rehabilitierung Lüders und die Erlaubnis wieder einreisen zu dürfen. – Damit er sich weiter eine goldene Nase verdienen kann –

Es wurde ein Ultimatum gestellt in dem die Haitianische Regierung genau vier Stunden Zeit hatte die Forderungen zu erfüllen. Wohlwissend, dass die Haitianer, müde von Bürgerkriegen und Verteidigungen ihrer Freiheit und angesichts der Ausländischen Überlegenheit sich keinen Gegenangriff leisten würden haben die deutschen Eitelkeiten tiefe Furchen in die Beziehung zu Haiti gegraben.

Später, Im zweiten Weltkrieg würden die Haitianer mit ihrer überschaubaren Armee die Bürde auf sich nehmen an der Seite der Amerikaner in den Krieg zu ziehen. Nicht zuletzt weil es eine Willkommene Gelegenheit war sich an den Deutschen für die erfahrene Demütigung zu rächen.

Mit dieser Geschichte sind die Deutschen in Haiti immer noch ein müdes Schlusslicht was Ausbeutung und Demütigung angeht. Amerika und Frankreich tragen einen deutlich wesentlicheren Anteil an Haitis Leid und Ausbeutung. Jetzt bin ich aber nunmal kein Amerikaner und auch kein Franzose, Ich bin Deutscher und ich bin getroffen von dieser Geschichte.

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